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Artikel 32

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Kapitel VII, AUFSICHT UND DURCHSETZUNG (Artikel 31 - Artikel 37)

Artikel 32

Aufsichts- und Durchsetzungsmaßnahmen in Bezug auf wesentliche Einrichtungen

(1)

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Aufsichts- bzw. Durchsetzungsmaßnahmen, die wesentlichen Einrichtungen in Bezug auf die in dieser Richtlinie festgelegten Verpflichtungen auferlegt werden, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind.

(2)

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden bei der Wahrnehmung ihrer Aufsichtsaufgaben in Bezug auf wesentliche Einrichtungen befugt sind, in Bezug auf diese Einrichtungen mindestens folgende Maßnahmen vorzunehmen:

a)

Vor-Ort-Kontrollen und externe Aufsichtsmaßnahmen, einschließlich von geschulten Fachleuten durchgeführten Stichprobenkontrollen;

b)

regelmäßige und gezielte Sicherheitsprüfungen, die von einer unabhängigen Stelle oder einer zuständigen Behörde durchgeführt werden;

c)

Ad-hoc-Prüfungen, einschließlich solcher, die aufgrund eines erheblichen Sicherheitsvorfalls oder Verstoßes gegen diese Richtlinie der wesentlichen Einrichtung gerechtfertigt sind;

d)

Sicherheitsscans auf der Grundlage objektiver, nichtdiskriminierender, fairer und transparenter Risikobewertungskriterien, erforderlichenfalls in Zusammenarbeit mit der betreffenden Einrichtung;

e)

Anforderung von Informationen, die für die Bewertung der von der betreffenden Einrichtung ergriffenen Risikomanagementmaßnahmen im Bereich der Cybersicherheit erforderlich sind, einschließlich dokumentierter Cybersicherheitskonzepte, sowie der Einhaltung der Verpflichtungen zur Übermittlung von Informationen an die zuständigen Behörden nach Artikel 27;

f)

Anforderung des Zugangs zu Daten, Dokumenten und sonstigen Informationen, die zur Erfüllung der Aufsichtsaufgaben erforderlich sind;

g)

Anforderung von Nachweisen für die Umsetzung der Cybersicherheitskonzepte, z. B. der Ergebnisse von Sicherheitsprüfungen, die von einem qualifizierten Prüfer durchgeführt wurden, und der entsprechenden zugrunde liegenden Nachweise.

Die in Unterabsatz 1 Buchstabe b genannten gezielten Sicherheitsprüfungen stützen sich auf Risikobewertungen, die von der zuständigen Behörde oder der geprüften Einrichtung durchgeführt werden, oder auf sonstige verfügbare risikobezogene Informationen.

Die Ergebnisse einer gezielten Sicherheitsprüfung sind der zuständigen Behörde zur Verfügung zu stellen. Die Kosten einer solchen gezielten Sicherheitsprüfung, die von einer unabhängigen Stelle durchgeführt wird, sind von der geprüften Einrichtung zu tragen, es sei denn, die zuständige Behörde trifft in hinreichend begründeten Fällen eine anderslautende Entscheidung.

(3)

Bei der Ausübung ihrer Befugnisse nach Absatz 2 Buchstaben e, f oder g geben die zuständigen Behörden den Zweck der Anfrage und die erbetenen Informationen an.

(4)

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ihre zuständigen Behörden bei der Wahrnehmung ihrer Durchsetzungsbefugnisse in Bezug auf wesentliche Einrichtungen mindestens befugt sind,

a)

Warnungen über Verstöße gegen diese Richtlinie durch die betreffenden Einrichtungen herauszugeben;

b)

verbindliche Anweisungen zu erlassen, auch in Bezug auf Maßnahmen, die zur Verhütung oder Behebung eines Sicherheitsvorfalls erforderlich sind, sowie Fristen für die Durchführung dieser Maßnahmen und für die Berichterstattung über ihre Durchführung zu setzen, oder Anordnungen zu erlassen, um diese Einrichtungen aufzufordern, die festgestellten Mängel oder die Verstöße gegen diese Richtlinie zu beheben;

c)

die betreffenden Einrichtungen anzuweisen, das gegen diese Richtlinie verstoßende Verhalten einzustellen und von Wiederholungen abzusehen;

d)

die betreffenden Einrichtungen anzuweisen, entsprechend bestimmten Vorgaben und innerhalb einer bestimmten Frist sicherzustellen, dass ihre Risikomanagementmaßnahmen im Bereich der Cybersicherheit mit Artikel 21 im Einklang stehen, bzw. die in Artikel 23 festgelegten Berichtspflichten zu erfüllen;

e)

die betreffenden Einrichtungen anzuweisen, die natürlichen oder juristischen Personen, für die sie Dienste erbringen oder Tätigkeiten ausüben und die potenziell von einer erheblichen Cyberbedrohung betroffen sind, über die Art der Bedrohung und mögliche Abwehr- oder Abhilfemaßnahmen zu unterrichten, die von diesen natürlichen oder juristischen Personen als Reaktion auf diese Bedrohung ergriffen werden können;

f)

die betreffenden Einrichtungen anzuweisen, die im Rahmen einer Sicherheitsprüfung formulierten Empfehlungen innerhalb einer angemessenen Frist umzusetzen;

g)

für einen bestimmten Zeitraum einen mit genau festgelegten Aufgaben betrauten Überwachungsbeauftragten zu benennen, der die Einhaltung der Artikel 21 und 23 durch die betreffenden Einrichtungen überwacht;

h)

die betreffenden Einrichtungen anzuweisen, Aspekte der Verstöße gegen diese Richtlinie entsprechend bestimmten Vorgaben öffentlich bekannt zu machen;

i)

gemäß einzelstaatlichem Recht zusätzlich zu jeglichen der unter den Buchstaben a bis h dieses Absatzes genannten Maßnahmen eine Geldbuße gemäß Artikel 34 zu verhängen oder die zuständigen Stellen oder Gerichte um die Verhängung einer solchen Geldbuße zu ersuchen.

(5)

Erweisen sich die gemäß Absatz 4 Buchstaben a bis d und f ergriffenen Durchsetzungsmaßnahmen als unwirksam, so stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass ihre zuständigen Behörden befugt sind, eine Frist festzusetzen, innerhalb derer die wesentliche Einrichtung die erforderlichen Maßnahmen ergreifen muss, um die Mängel zu beheben oder die Anforderungen dieser Behörden zu erfüllen. Für den Fall, dass die geforderten Maßnahmen nicht innerhalb der gesetzten Frist ergriffen werden, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass ihre zuständigen Behörden befugt sind,

a)

die Zertifizierung oder Genehmigung für einen Teil oder alle von der wesentlichen Einrichtung erbrachten einschlägigen Dienste oder Tätigkeiten vorübergehend auszusetzen oder eine Zertifizierungs- oder Genehmigungsstelle oder ein Gericht im Einklang mit dem nationalen Recht aufzufordern, die Zertifizierung oder Genehmigung vorübergehend auszusetzen;

b)

zu verlangen, dass die zuständigen Stellen oder Gerichte im Einklang mit dem nationalen Recht natürlichen Personen, die auf Geschäftsführungs- bzw. Vorstandsebene oder Ebene des rechtlichen Vertreters für Leitungsaufgaben in dieser wesentlichen Einrichtung zuständig sind, vorübergehend untersagen, Leitungsaufgaben in dieser Einrichtung wahrzunehmen.

Die gemäß diesem Absatz verhängten vorübergehenden Aussetzungen oder Verbote werden nur so lange angewandt, bis die betreffende Einrichtung die erforderlichen Maßnahmen ergreift, um die Mängel zu beheben oder die Anforderungen der zuständigen Behörde, wegen deren Nichterfüllung die Durchsetzungsmaßnahmenverhängt wurden, zu erfüllen. Für die Verhängung solcher vorübergehenden Aussetzungen oder Verbote muss es angemessene Verfahrensgarantien geben, die den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts und der Charta, einschließlich des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht, der Unschuldsvermutung und der Verteidigungsrechte, entsprechen.

Die in diesem Absatz vorgesehenen Durchsetzungsmaßnahmen finden keine Anwendung auf Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung, die dieser Richtlinie unterliegen.

(6)

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass jede natürliche Person, die für eine wesentliche Einrichtung verantwortlich ist oder auf der Grundlage ihrer Vertretungsbefugnis, der Befugnis, im Namen der Einrichtung Entscheidungen zu treffen, oder ihrer Kontrollbefugnis über die Einrichtung als Vertreterin der wesentlichen Einrichtung handelt, befugt ist zu gewährleisten, dass die Einrichtung diese Richtlinie erfüllt. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass diese natürlichen Personen für Verstöße gegen ihre Pflichten zur Gewährleistung der Einhaltung dieser Richtlinie haftbar gemacht werden können.

Für Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung gilt dieser Absatz unbeschadet der nationalen Rechtsvorschriften über die Haftung von öffentlichen Bediensteten und von gewählten oder ernannten Amtsträgern.

(7)

Bei der Ergreifung von Durchsetzungsmaßnahmen gemäß Absatz 4 oder 5 müssen die zuständigen Behörden die Verteidigungsrechte einhalten und den Umständen des Einzelfalls Rechnung tragen und dabei zumindest Folgendes gebührend berücksichtigen:

a)

die Schwere des Verstoßes und die Wichtigkeit der Bestimmungen, gegen die verstoßen wurde, wobei u. a. Folgendes immer als schwerer Verstoß anzusehen ist:

i)

wiederholte Verstöße,

ii)

eine unterlassene Meldung oder Behebung von erheblichen Sicherheitsvorfällen,

iii)

eine Nichtbehebung von Mängeln nach verbindlicher Anweisung der zuständigen Behörden,

iv)

die Behinderung von Prüfungen oder Überwachungstätigkeiten, die nach der Feststellung eines Verstoßes von der zuständigen Behörde angeordnet wurden, sowie

v)

Übermittlung falscher oder grob verfälschender Informationen in Bezug auf Risikomanagementmaßnahmen im Bereich der Cybersicherheit oder Berichtspflichten gemäß den Artikeln 21 und 23.

b)

die Dauer des Verstoßes;

c)

einschlägige frühere Verstöße der betreffenden Einrichtung;

d)

der verursachte materielle oder immaterielle Schaden, darunter finanzieller oder wirtschaftlicher Verlust, Auswirkungen auf andere Dienste und die Zahl der betroffenen Nutzer;

e)

etwaiger Vorsatz oder etwaige Fahrlässigkeit des Urhebers des Verstoßes;

f)

von der Einrichtung ergriffene Maßnahmen zur Verhinderung oder Minderung des materiellen oder immateriellen Schadens;

g)

Einhaltung genehmigter Verhaltensregeln oder genehmigter Zertifizierungsverfahren;

h)

Umfang der Zusammenarbeit der verantwortlichen natürlichen oder juristischen Personen mit den zuständigen Behörden.

(8)

Die zuständigen Behörden müssen ihre Durchsetzungsmaßnahmen ausführlich begründen. Bevor sie solche Maßnahmen ergreifen, teilen die zuständigen Behörden den betreffenden Einrichtungen ihre vorläufigen Erkenntnisse mit. Sie räumen diesen Einrichtungen ferner eine angemessene Frist zur Stellungnahme ein, außer in hinreichend begründeten Fällen, in denen sofortige Maßnahmen zur Verhütung von Sicherheitsvorfällen oder zur Reaktion auf Sicherheitsvorfälle andernfalls beeinträchtigt würden.

(9)

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ihre gemäß der vorliegenden Richtlinie zuständigen Behörden bei der Ausübung ihrer Aufsichts- und Durchsetzungsbefugnisse — mit denen sichergestellt werden soll, dass Einrichtungen, die gemäß der Richtlinie (EU) 2022/2557 als kritische Einrichtungen eingestuft wurden, diese Richtlinie erfüllen — die gemäß der Richtlinie (EU) 2022/2557 zuständigen Behörden innerhalb desselben Mitgliedstaats unterrichten. Gegebenenfalls können die gemäß der Richtlinie (EU) 2022/2557 zuständigen Behörden die gemäß der vorliegenden Richtlinie zuständigen Behörden ersuchen, ihre Aufsichts- und Durchsetzungsbefugnisse in Bezug auf eine Einrichtung, die gemäß der Richtlinie (EU) 2022/2557 als kritische Einrichtung eingestuft wird, auszuüben.

(10)

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ihre gemäß der vorliegenden Richtlinie zuständigen Behörden mit den gemäß der Verordnung (EU) 2022/2554 jeweils zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats zusammenarbeiten. Insbesondere stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass ihre gemäß dieser Richtlinie zuständigen Behörden bei der Ausübung ihrer Aufsichts- und Durchsetzungsbefugnisse — mit denen sichergestellt werden soll, dass wesentliche Einrichtungen, die als IKT-Drittanbieter gemäß Artikel 31 der Verordnung (EU) 2022/2554 benannt wurden, diese Richtlinie erfüllen — das gemäß Artikel 32 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2022/2554 eingerichtete Überwachungsforum unterrichten.